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Interview mit Mati Ahmet Tuncöz

matiMati Ahmet Tunçöz war lange Zeit in führenden Positionen im Handel und im Facility-Mangement tätig, ehe er sich entschied, eine andere Richtung in seinem Leben einzuschlagen. Mittlerweile hat er eine Praxis und hilft unter dem Motto „Von Mensch zu Mensch“ in vielfältigster Art und Weise als Psychologischer Berater und Coach. Zusätzlich veranstaltet er verschiedene Workshops und Selbsterfahrungsgruppen. Den größten Teil seines Lebens verbrachte er in Köln.

Wir haben den vielseitigen und lebenslustigen Menschen getroffen.

Hallo Ahmet, wie bist du nach Köln gekommen?

Ich bin 1966 in Istanbul geboren und habe dort meine frühe Kindheit verbracht. Als ich 6 Jahre alt war, schnappte meine Mutter meinen kleinen Bruder und mich und wir kamen nach Deutschland. Meine Großeltern, Onkel und Tante lebten bereits in Bergheim, also waren wir Nachzügler in zweiter Generation. Nach einem Jahr zogen wir nach Köln. Unsere Verwandten gingen 1978 zurück nach Istanbul. Man könnte eigentlich sagen, ich bin „ne kölsche Jung“, denn ab 1973 habe ich fast ausschließlich in Köln gelebt und fühle mich sehr wohl hier.

Du bist hier aufgewachsen und stammst doch aus einem anderen Kulturkreis. Wie hast du das für dich selbst definiert? Fühlst du dich einer Nationalität angehörig?

Nein, ich bin höchstens noch Europäer. Diese Frage beschäftigte mich im Alter von etwa zwanzig so massiv, dass ich fast daran verzweifelte. Da hab ich zwischen zwei Stühlen gesessen und mich gefragt, „Was bist du eigentlich?“ Alles was an zwischenmenschlichen Werten, wie Gastfreundschaft, familiäre Werte, Zusammengehörigkeitsgefühl da ist, kommt aus dem Türkischen. Das trage ich schon in mir. Nur gibt es auch Traditionen, die mir nicht gefallen, weil sie mir zu eng sind. Dafür bin ich zu offen, zu demokratisch und zu frei. Man muss sich überlegen, was passiert denn an Türkischem außer in der Familie oder in einem Folkloreverein. Ich war auch in einem Chor für Klassische türkische Kunst-Musik und es war sehr schön, aber das war einmal in der Woche. Das richtige Leben läuft draußen ab. Das ist eine andere Welt. Damit du mit deinem Leben klar kommst, musst du dich irgendwann entscheiden. Im Endeffekt ist es egal, ob du nun von Ost nach West, von Süd nach Nord gehst oder umgekehrt. Das spielt keine Rolle. Jeder hat seine Vergangenheit, seine Wurzeln und auf der anderen Seite ein reelles aktuelles Leben, da wo er gerade ist. Ich habe mich dann entschieden einfach ich zu sein. Köln ist meine Heimat und Istanbul ist mein Ursprung. Damit kann ich gut leben.

Was gefällt dir an unserem Veedel?

Was Mülheim für mich sehr wertvoll macht, ist die Nähe zum Rhein - das ist das A und O. Man kann in der Freizeit einfach vor die Tür spazieren gehen oder Inliner fahren. Der Rheinpark ist gleich um die Ecke und man ist schnell auf der anderen, „grünen“ Seite. Dort kann man ein Picknick und Lagerfeuer oder irgendetwas anderes Entspannendes machen. Man ist auch schnell in der Stadt. Außerdem ist das Multikulturelle Leben hier sehr ansprechend für mich.

Du kennst den Wiener Platz, als noch Taxis drauf parkten, die Bahn eine Schleife fuhr und er gesäumt von Bäumen war. Nun ist ein, wie du sagst menschenfeindlicher Platz geschaffen worden, der die Leute nicht dazu zu animieren scheint, dort zu verweilen. Dabei hat Mülheim deiner Meinung nach Potenzial, welches noch ausgeschöpft werden müsste. Was meinst du damit?

Mülheim ist supergut gelegen. Man könnte so viel daraus machen. Erst einmal müssten die Straßen besser gewartet werden. Die Graf-Adolf-Straße hat ewig gebraucht, bis sie mal saniert wurde. In einer Seitenstraße gibt es noch immer Schlaglöcher, die sind so tief wie Gräben. Was mir auch nicht gefällt ist die Entwicklung des Einkaufsstraßenbildes. Die Frankfurter Straße ist gepflastert mit 1-€-Läden. Das liegt wohl auch an der Galerie am Wiener Platz und den Köln- Arkaden in Kalk. Das Ergebnis ist, dass man in den Einkaufsstraßen kaum gute Läden mehr findet. Ich mag diese Cafes, wie das Jakubowski und die Vreiheit. Solch nette Treffpunkte würde ich mir noch mehr hier wünschen. Auch verwundert es mich, dass die Rheinpromenade nicht für Gaststätten und Biergärten genutzt wird. Wenn ich davon Ahnung hätte, würde ich es machen. Der Kirmesplatz an der Mülheimer Brücke wäre prädestiniert, um da etwas für Ausflügler und Spaziergänger hinzustellen. Durch die neuen Häuser die in der Nähe entstanden, hat man wenigstens mal so etwas, wie eine Flaniermeile geschaffen. Würde man noch die „Anrheiner“ ein bisschen versetzen könnte man durchlaufen bis zum Rheinpark. Dadurch würden sich die Menschen noch viel mehr am Rhein aufhalten.

Obwohl du dich schon immer leidenschaftlich mit Psychologie und Musik beschäftigt und eine Vorliebe zum malen und zeichnen hast, warst du sehr lange Zeit erfolgreich im Handel tätig, um es dann doch sein zu lassen. Wie und warum bist du in diesem Berufszweig gelandet?

Ganz einfach deshalb, weil mir nichts anderes übrig blieb. Ich hatte einen beschissenen Realschulabschluss. Dazu kam, dass in meinem Abschlussjahr Lehrplätze sehr rar waren. Also, hab ich mich entschlossen, auf die Höhere Handelsschule zu gehen, um einen vernünftigen Abschluss zu bekommen. Somit hat sich die Richtung schon manifestiert. Ich habe dann meinen Handelsassistenten gemacht und war lange Zeit als Filialleiter und Ausbilder tätig. Viel später suchte ich eine neue Herausforderung und ging in den Bereich Objektleitung im Facility-Management und betreute das Zentralkrankenhaus in Bremen. Dort hatte ich bis zu 164 Mitarbeiter in meiner Verantwortung und das hat mir zum Teil sehr viel Freude bereitet. Trotzdem, mir fehlte zum einen Köln und die Menschen hier und zum anderen gefiel mir die tägliche Routine, die dieser Job mit sich brachte, nicht. In dem Bereich bin ich eher jemand, der Projekte plant, durchführt und sie dann abschließt, um ein neues in Angriff zu nehmen.

...und da kam die Wende. Du hast noch mal ganz von vorn angefangen und dich völlig neu orientiert. Wie bist du darauf gekommen psychologisch zu arbeiten?

Gelangweilt vom Objektleiterposten kam ich nach Köln zurück. Ich habe neun Monate damit verbracht, zu überlegen was ich jetzt mit meinem Leben anfangen soll. Mir hat das alles nicht mehr gefallen, was ich bis dahin erlebt habe. Diese berufsmäßige Entwicklung war völlig für die Katz. Also habe ich überlegt, „Was erfüllt dich eigentlich so sehr, dass...“ Und wie es der Zufall will, kam mir das mit der Psychotherapie fast wie in den Schoß gefallen. Durch eine damalige Freundin bin ich darauf gekommen, dass es Heilpraktiker für Psychotherapie gibt. In dem Moment dachte ich: „Wow, ja! Das ist deine Berufung!“ Mir fiel es richtig wie Schuppen von den Augen. Es taten sich riesige Möglichkeiten auf. Ich habe dann 2004 zwei Ausbildungen gleichzeitig begonnen – eine zum medizinischen Heilpraktiker und eine zum Heilpraktiker für Psychotherapie. Später habe ich mich auf die humanistische Psychotherapie spezialisiert, weil mich das von Anfang an am meisten angesprochen hat. Das medizinische Hintergrundwissen hilft mir heute, meine Klienten mit körperlichen Beschwerden besser und ganzheitlicher zu verstehen und zu beraten.

Die Landläufige Meinung über psychologische Berater ist wohl, dass er anderen hilft, ihre Probleme zu analysieren und zu erkennen. Du hast deine Praxis „Von Mensch zu Mensch“ genannt und somit diese Abstufung von vorn herein aufgehoben. Warum? Wie arbeitest du?

Nun - ich biete in erster Linie einmal mich an, fühle mich in die Menschen ein und höre ihnen zu. Ganz echt und ganz ich. Dann können sie sich entspannen und sich öffnen, weil sie sich so angenommen fühlen, wie sie sind. Das Leben hat so manchen Stolperstein parat, der einem manchmal wie ein riesiger Berg vorkommt. Ich nehme mich ihrer an und begleite sie beim beseitigen dieser Hürden. Ich arbeite mit Methoden der humanistischen Psychotherapie wie Gesprächs-, Gestalt-, Hypnose- und Systemischer Therapie. Auch spielen NLP und Inner-Kind-Arbeit eine wichtige Rolle. Ich helfe den Menschen durch diese verschiedene Methoden, sich ganzheitlich zu begreifen. Die meisten wissen, was ihr Problem ist und können sich diesem trotzdem nicht stellen. Ich gebe also Hilfe zur Selbsthilfe – schlicht – Von Mensch zu Mensch.

Also hast du endlich einen Beruf gefunden, der dich erfüllt. Du bist sehr vielseitig, denn du bietest verschiedene Workshops und Seminare an. Ein aktuelles Projekt ist „Meditation & Begegnung“?

Zum einen möchte ich Menschen durch Meditation einen Weg zeigen, um in unserer schnellen Welt für sich einen Weg zu finden, zur eigenen Mitte und zur Ruhe zu kommen. Sich einfach mal hinsetzen, zwischen zwei Terminen und in sich Ruhen. Dafür braucht man Übung. Zum anderen möchte ich die Möglichkeit schaffen, sich ganz frei und unvoreingenommen zu begegnen. Ohne dabei zu bewerten oder verändern zu wollen, führen wir ein Gespräch in der Runde und zeigen uns so, wie wir gerade in diesem Moment sind. Das ist immer wieder eine wunderbare Erfahrung für mich und für die Gruppe. Gemeinsam Meditieren ist eine Freude, gemeinsam darüber reden und sich offen begegnen, ist ein großes Geschenk. Jeder Interessierte ist eingeladen zu kommen und es selbst auszuprobieren.

Wenn du die Gelegenheit hättest König der Welt zu sein, wie würdest du sie gestalten, verändern, beeinflussen?

Erst mal würde ich sagen: Gar nichts! Es ist alles gut so, wie es ist. Doch einiges fällt mir schon ein. Was mir persönlich fehlt, sind warme herzliche Begegnungen. Aber man kann ja schlecht ein Gesetz erlassen, dass die Leute dazu verpflichtet ihr Herz zu öffnen. Ich würde dafür sorgen, dass der Mensch nur das von der Natur nehmen darf, was er ihr dann auch wieder zurück gibt. Also, dass dieser universelle Kreislauf der Natur nicht unterbrochen wird. Wir Menschen sind da etwas nachlässig. Ich schließe mich da selbst nicht aus. Wir sind so groß geworden. Auch im Zwischenmenschlichen sollten wir mehr darauf achten, was wir tun und was das für Folgen hat. Kurzum – ich würde jeden dazu verpflichten seine Verantwortung für sich und sein direktes Umfeld zu übernehmen. Ich bin verantwortlich dafür was ich tue und lasse.

Mit deiner Arbeit bist du dabei, deine Träume zu verwirklichen. Denn du hilfst den Menschen auf humane Art ihr Leben zu meistern. Was wünschst du dir persönlich für deine Zukunft?

Ich will keine Yacht haben, sondern einfach existieren können. Genauso wie der Tischler davon lebt, wenn er einen Schrank baut. Also wünsche ich mir, dass die Praxis brummt und die ganzen Selbsterfahrungsworkshops und Seminare fruchten.

Wir wünschen dir viel Erfolg dabei!

Weitere Informationen:

Meditation & Begegnung: MegaHerz

Von Mensch zu Mensch: www.vonmenschzumensch.net