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"they didn’t know the strange song of july" Ute Bernhard in der Galerie Krüger/Koblenz bis 22.November 2013

Ute BernhardFür das Jahresprojekt der Galerie Krüger, HUMANITAS – Menschenrechte und Inklusion, hat die Koblenzer Konzeptkünstlerin Ute Bernhard u. a. eigens einen Kubus aus 45 Würfeln entwickelt. Das große, zwei Meter hohe Objekt erinnert an eine Kaaba. Denn gleich dem mit Koranversen aufwendig bestickten Tuch, das alljährlich in Mekka über den Kubus gelegt wird, fließen zarte, weiße Worte, von Ute Bernhard mit dem Pinsel aufgetragen, wie Kaskaden über die Seiten ihres Objekts.

„Was mich an der Kaaba fasziniert“, so die Künstlerin, „ist das Geheimnisvolle der religiösen Tradition, das von ihr ausgeht. Sie ist ein Symbol für die Konkretisierung einer spirituellen Geschichte und für die Sehnsucht der Menschen nach etwas Verlässlichem, Beständigem. Aus dem Nichtfassbaren entstand die Kaaba als ein Relikt, als ein kultisches Objekt, das seit sehr langer Zeit unzählige gläubige Menschen (des Islam) anzieht und in den Schriften des Koran verankert ist.“

Der starke Kontrast der hellen, feinstrukturierten Schrift auf dunklem Grund, sowie das Blockartige des Kunstwerkes erinnern an die quaderförmige Kaaba. Die eigenständige Lyrik der Künstlerin ist eine visuelle Poesie von verschmelzenden Zeilen. Ihr Werken hat etwas von dem kultähnlichen Schreiben und lädt den Betrachter zu einer geistigen Versenkung ein. Bernhards Text, in Englisch verfasst, trägt den Titel „they didn´t know the strange song of july“.

Im direkten Kontext zum Jahresthemas der Galerie Krüger „Inklusion“ und „Humanitas“ bildet ihre Kaaba auch eine Verbindung zu der aktuell sehr bewegten und viel bewegenden Religionsfrage von Islam und anderen Religionen sowie ihrer Wechselwirkung zu Gesellschaft, Politik und dem Leben der Menschen. Das Fremde und das Nahe, das Andere und das Gleiche, werden in Bernhards Dialog offen aufgenommen.

Inklusion – Objekt in Brailleschrift.

Auch ist das Jahresthema der Galerie Krüger Anlass für eine erstmalige Auseinandersetzung der Künstlerin mit der Brailleschrift, der sich Blinde und Menschen mit Sehbehinderung bedienen. Ute Bernhard lässt ein Kunstwerk entstehen, das nur durch Tasten erlebt werden kann.

„Ausgehend von meiner Arbeit mit visueller Poesie starte ich den Versuch, etwas Ähnliches für Menschen zu schaffen, denen das Augenlicht kaum oder gar nicht zur Verfügung steht,“ sagt die Künstlerin. „Es fasziniert mich, das tastbare Wort zu erkunden, wohlwissend, dass es für mich als augenbestimmte Künstlerin schwierig ist, mich in diese andere Welt des Erfassens hineinzuversetzen.“

Gespannt darf man auf die Resonanz von Menschen mit Sehbehinderung sein, die dem Objekt von Ute Bernhard begegnen. Während die Künstlerin sonst Zeilen verwebt und überlagert, muss sie nun ihrer eigenen Rhythmik hier eine andere, gewissermaßen räumliche Möglichkeit bieten. So gibt sie der Punktschrift partielle Leeren und Pausen, während das Prinzip der Wiederholung und die Wahl der Worte in Braille übertragen, ähnlich bleiben kann.

„gegenwärtig greift ein riese die glasleere aus deinem hintergrund“ ist der berührende Titel des aus kleinen Tafeln bestehenden Objekts. An die Galeriewand installiert, bilden sie ein räumlich begreifbares Werk, ein Stück Lyrik, das aus den einzelnen Fragmenten zusammen gelesen, erfühlt ein Ganzes ergibt. Für sehende Menschen wird es weniger erfassbar, aber probierbar sein.

Teilhabe. Ute Bernhard gelingt es, über einen Verwandlungsprozess das Geschriebene zum Bild, das Bild zum Objekt und zu einer geistigen Anschauung zu transformieren. Dabei lässt sie Menschen mit und ohne (Seh-) Behinderung an ihrer Ausstellung teilhaben. Teilhabe eben.

http://www.utebernhard.de

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