Über „Bernada Albas Haus“ Theaterstück von Garcia Lorca im Horizont-Theater

DSC00331-web

Die Aktualität des Theatersstücks, „Bernada Albas Haus“  von Garcia Lorca im Horizont-Theater das in der vergangenen Woche Premiere hatte, macht betroffen.

 Eigentlich hatte ich gedacht: „Garcia Lorca”, den hab’ ich zwar gern gelesen; aber da war ich noch jung und liebte Dramen (hatte selbst noch nicht viele erlebt). Aber heute, was kann er heute, was kann ein Stück von Garcia Lorca mir heute im modernen Deutschland schon noch sagen? Ich nehme es vorweg: Es hat mir meine Dankbarkeit vor Augen geführt, hier in Deutschland zu leben, aber nicht nur..., dazu später mehr.

Das Stück spielt in Spanien in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts. Acht Frauen leben unter einem Dach, nämlich in „Bernada Albas Haus”. Nachdem das Familienoberhaupt, der Ehemann von Bernada und Vater der gemeinsamen fünf Töchter, verstorben ist, hat Bernada das Zepter in der Hand. Mit religiösem Fanatismus und Herzenskälte führt sie das Regiment. Voll Misstrauen kontrolliert sie ihre fünf Töchter auf Schritt und Tritt; ihre 80-jährige Mutter hat sie sogar eingesperrt. Es gibt zwei Mägde im Haus der Bernada; eine dieser beiden muss täglich das Neueste aus dem Dorf hinterbringen. Bernada legt Wert auf den untadeligen Ruf ihres Hauses. Dafür scheint sie „alles” zu tun. Sie ordnet eine 8-jährige Trauerzeit an, insbesondere für ihre Töchter. In dieser Zeit müssen sie schwarz gekleidet ihr Leben im Haus fristen, das sie nicht verlassen dürfen. Abgeschnitten von der Außenwelt träumen sie von einem besseren Leben. Die Freiheit „da draußen” würde erreicht werden, sobald ein Mann sie heiraten würde. Tatsächlich gibt es auch einen; leider aber nur diesen einen, um den nun im Laufe des Stücks die Fantasien und Träume der Mädchen im heiratsfähigen Alter kreisen. Der Traumprinz aber hat die freie Auswahl und nutzt sie auch. So kommt es unter den jungen Frauen zu heftigen Konkurrenzkämpfen, zu Intrigen und Hass. Am Ende fällt ein Schuss - und der Tod einer der Frauen ist der schreckliche Höhepunkt des alltäglichen Dramas.

Nachvollziehbar wird das Stück, schaut man sich die politischen und kulturellen Ziele Spaniens in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts an. Die starken sogenannten „Rechten“ lehnten Demokratie ab. Ab 1937 regierte Franco, der Katholizismus wurde als integrierender Bestandteil der spanischen Gesellschaft angesehen, und es gab eine enge Zusammenarbeit zwischen Politik und Kirche.  Gesellschaftliche Zwänge wurden zu einem äußeren Gefängnis das allzu häufig auch ein inneres Gefängnis bedeutete. Wie man in dem Stück sehr gut erkennen kann wird eigene Persönlichkeits-Entwicklung verhindert. Menschen werden in der Gesellschaft für die Gesellschaft, in der sie leben, konditioniert. Es kommt zu einem Funktionieren, bei dem eigene Ideen deplatziert sind. Es gibt keinen individuellen Gestaltungsspielraum. Am Ende steht die Angst: Angst vor Strafe, Angst vor Vereinzelung, Angst vor Einsamkeit. In dieser Situation nimmt die Religion dann ihren Platz ein mit ihren Heilsversprechungen. Allerdings sind die Heilsversprechungen an Bedingungen geknüpft, die leider nicht den Menschen dienen, sondern der Erhaltung des Machtapparats. Es fällt leicht, all diese Zusammenhänge  in Verbindung mit Ländern zu bringen wie - ganz aktuell Indien, Afghanistan, China, mit Ländern, in denen Muslime wüten. Daher meine Dankbarkeit, von der ich zu Anfang sprach, dass ich im sogenannten Westen, in Deutschland lebe.

Als Jugendliche habe ich selbst noch im Jahr 1964 einen ganz kleinen Eindruck davon bekommen, wie es ist, in einem Land mit Diktatur - nämlich in Spanien - zu leben. Ich hatte einen Urlaub dort verbracht. Dabei habe ich mitbekommen, wie die sogenannten Carabinieri (Polizisten) mit dem Gewehr im Anschlag am Strand patroullierten. Eine kleine öffentliche Liebesbezeugung in Form eines Zärtlichkeitskusses war damals schon ein Grund für sie, Menschen zumindest durch die Art ihres Auftretens in Angst zu versetzen: und das war ja nur ein kleiner Eindruck von der Ausübung der Staatsmacht.

Neben meiner Dankbarkeit gibt es aber auch meine Angst, und die wurde mir durch das Theaterstück von Garcia Lorca mal wieder sehr bewusst. Wie gut, dass ich sie hier in Deutschland äußern kann, meine Angst vor allen religiös-fanatischen Männern dieser Welt, danach gleich meine Angst vor allen religiös-fanatischen Frauen dieser Welt, vor der Bedrohung, die von einer allzu großen Menge relionshöriger Menschen ausgeht. Sollte nicht über jeder Religion die „Humanität” stehen?

Das Stück bestätigt: Es ist nicht die Macht, die Menschen glücklich machen kann; es ist auch nicht materieller Reichtum. Es ist vielmehr die Lebensfreude, die alle Menschen brauchen, die sie erneuern kann. Es ist die Freude, die förderungswürdig ist. Sie ist an Bedingungen geknüpft, sie braucht innere Freiheit , die nur in äußerer Freiheit entwickelt werden kann. In diesem Sinne aber brauchen wir nicht weit in die Welt hinaus zu schauen. In diesem Sinne gibt es hier bei uns jede Menge zu tun, aufzuarbeiten, zu verhindern: in Politik und Kirche, in der Arbeitswelt und in den Familien.

Dass mich dieses Theaterstück im guten Sinne so sehr unterhalten hat, liegt an der Leistung jeder einzelnen Schauspielerin dieses tollen Ensembles, und natürlich ebenfalls an der großartigen Leistung des Regisseurs Christos Nicopoulos. Alle Darstellerinnen haben in ihren unterschiedlichen Rollen die Verzweiflung und die Illusionen der kleinen Schicksalsgemeinschaft überaus glaubhaft gespielt.

Bernada Albas Haus gibt es noch mehrfach im Horizont-Theater zu sehen, und zwar zunächst am 22. und 23.Februar jeweils um 20.00 Uhr; sowie am 24. und 25. Februar um 16.00 und 19.00 Uhr; weiterhin am 26., 27. und 28. Februar um 20.00 Uhr.
Bei Interesse und für weitere Termine schauen Sie nach unter:

www.horizont-theater.de

Gudrun Wallbaum

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Nachrichten und Doku

ANGA COM 2024: Jetzt anmelden für nur


  • csm ANGA COM 2024 9f5665d3deKongressmesse für Breitband, Fernsehen & Online vom 14. bis 16. Mai 2024 in Köln
  • Jetzt online: Programm der Innovation Stage in Halle 7 mit freiem Zugang für alle Besucher
  • Panels von Accenture, Egon Zehnder und des VATM für alle Messebesucher zugä...

  • weiterlesen...

    222 Jahre Hänneschen-Theater


    Ausstellung Hänneschen Puppen in der Kassenhalle der Kreissparkasse Köln Foto KSKAusstellung vom 22. April bis 17. Mai 2024 in der Kassenhalle der Kreissparkasse Köln am Neumarkt

    Köln, den 18. April 2024 Das Hänneschen-Theater begeht in diesem Jahr seinen 222. Geburtstag und möchte dieses besondere kölsche Jubiläum mit möglich...


    weiterlesen...

    17.05.2024 Frau Wu und Andere Im Fort


    IMG 20240311 WA0000Am 17. Mai wird in einem Kölner Fort, dem Fort Paul der Südstadt, gelegen im Volksgarten, eine Gruppenausstellung zu sehen sein, deren besonderes Juwel eine chinesische Künstlerin ist, die vorwiegend mit Wasser arbeitet. Gemeint ist Jiaying Wu, au...


    weiterlesen...

    Einstieg in die Mediengestaltungs- oder


    logo georg Simon Ohm SchuleIn einigen vollzeitschulischen Bildungsgängen des Georg-Simon-Ohm-Berufskollegs gibt es noch freie Plätze in den Bereichen Mediengestaltung und IT.

    Medien- und Informationstechnik sind Schlüsseltechnologien der Zukunft. Die Qualifikationen, die ...


    weiterlesen...

    Jetzt noch anmelden! Am Montag, 22.


    05 Firmenlauf Koln Anmeldeschluss Larasch GmbHDie Anmeldung für den Firmenlauf Köln am 8. Mai neigt sich dem Ende zu. Begeben Sie sich mit tausenden anderen Läuferinnen und Läufern auf die 5 km lange Laufstrecke und feiern Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen den längsten Feierabend des Jah...


    weiterlesen...

    Noch 3 Wochen bis zur ANGA COM 2024:


  • csm ANGA COM 2024 9f5665d3deKongressmesse für Breitband, Fernsehen & Online vom 14. bis 16. Mai 2024 in Köln
  • Programm mit mehr als 60 Panels und über 240 Sprecherinnen und Sprechern
  • Komplett kostenfreier Messe- und Kongresstag am Donnerstag, 16. Mai 2024 mit den Schwerpunktt...

  • weiterlesen...
    @2022 lebeART / MC-proMedia
    toTop

    Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.