Besuch des türkischen Präsidenten in Berlin: Bundesregierung muss die Gelegenheit nutzen, die Einhaltung der Europäischen Menschenrechtskonvention einzufordern

amnesty logoStatement von Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland, anlässlich des Staatsbesuchs von Präsident Erdoğan

BERLIN, 27.09.2018 –„Die deutschen Gesprächspartner der türkischen Delegation, allen voran Bundespräsident und Bundeskanzlerin, sind aufgefordert, in allen Gesprächen vorrangig die dramatische Menschenrechtssituation in der Türkei zu thematisieren. In der Türkei werden über die letzten Jahre grundlegende Menschenrechte massiv und systematisch verletzt. In einer solchen Situation muss ein Staatsbesuch genutzt werden, mit aller Deutlichkeit für alle willkürlich und unschuldig inhaftierten Menschen einzutreten."

Mehr als 150 Journalisten sitzen zurzeit in türkischen Gefängnissen – das sind mehr als in jedem anderen Land der Welt. Wer sich kritisch gegenüber der Regierung äußert, muss damit rechnen, jederzeit festgenommen zu werden. Hunderte Nichtregierungsorganisationen und Medienhäuser wurden in den vergangenen zwei Jahren geschlossen. Friedliche Proteste werden unterdrückt. Die türkische Regierung verbreitet so ein Klima der Angst und bringt kritische Stimmen zum Schweigen.

„Deniz Yücel Peter Steudtner und mein Kollege Taner Kılıç sind zwar frei, aber Tausende warten weiter hinter Gittern auf ihre Anklage oder ihr Verfahren. Die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit bleibt massiv eingeschränkt. Wenn die türkische Regierung einen Neuanfang der internationalen Beziehungen will, so muss sie als Erstes ihre internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen erfüllen. Die Instrumentalisierung der Justiz muss beendet, willkürlich Verhaftete frei gelassen und die Europäische Menschenrechtskonvention eingehalten werden“, sagt Beeko. „Die Bundesregierung muss den Besuch von Präsident Erdoğan nutzen, um von der türkischen Regierung die Einhaltung ihrer menschenrechtlichen Verpflichtungen zu fordern.“

Mit Blick auf die angespannte Lage in Syrien sagt Beeko: „Die Türkei steht in der Pflicht, den Menschen auf der Flucht vor den Angriffen in der syrischen Region Idlib sichere Zuflucht auf türkischem Boden zu gewähren. Die Internationale Gemeinschaft – und damit auch Deutschland – dürfen die Türkei dann nicht alleine lassen, die Geflüchteten angemessen unterzubringen und zu versorgen“, so Beeko.

Zur Lage der Menschenrechte in der Türkei
• Am 20. Juli 2016 wurde infolge des gewaltsamen Putschversuchs in der Türkei der Ausnahmezustand ausgerufen. Bis zu seiner Aufhebung im Juli 2018 kam es siebenmal zu einer Verlängerung um jeweils drei Monate. Der Ausnahme-zustand hat der türkischen Regierung weitreichende Eingriffsmöglichkeiten an die Hand gegeben, um scharf gegen die Zivilgesellschaft vorzugehen, das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren zu unterlaufen und Menschen willkürlich festzunehmen und strafrechtlich zu verfolgen. Es kam zu Folter und anderen Misshandlungen, massiven Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungs-äußerung und Versammlungsfreiheit sowie zu Massenentlassungen. Umfassende Regierungsbefugnisse wurden durch den immer wieder verlängerten Ausnahme-zustand verfestigt. Auch wenn dieser inzwischen aufgehoben wurde, haben viele der Maßnahmen weiterhin Bestand. Die Zivilgesellschaft steht unvermindert unter enormem Druck.

• Mehr als 70.000 Menschen warten derzeit im Gefängnis auf ihre Anklage oder ihr Gerichtsverfahren. Über 130.000 Angehörige des öffentlichen Dienstes, darunter auch Gewerkschafter und Menschenrechtler, wurden fristlos entlassen.
• Mehr als 150 Medienschaffende sind derzeit in der Türkei inhaftiert.
• Über 170 Medienhäuser wurden unter dem Ausnahmezustand geschlossen; in vielen Fällen wurden die Vermögenswerte beschlagnahmt.
• Mehr als 1.500 Verbände und Stiftungen mussten ihre Arbeit einstellen.
• Über 360 Akademiker wurden wegen der Unterzeichnung einer Petition für den Frieden strafrechtlich verfolgt.

Terminhinweis:

Zum Erdoğan-Staatsbesuch: Kundgebung für alle in der Türkei inhaftierten Journalisten und Menschenrechtler

Gemeinsame Aktion in Berlin von Amnesty International, Deutschem Journalisten-Verband (DJV), der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di, dem Europäischen Zentrum für Presse- und Meinungsfreiheit (ECPMF) sowie Reporter ohne Grenzen

Wann:
Freitag, 28. September 2018
11 Uhr

Wo:
Washingtonplatz (Südausgang Hauptbahnhof Berlin)
10557 Berlin

Wer:
Christian Mihr, ROG-Geschäftsführer
Frank Überall, DJV-Bundesvorsitzender
Cornelia Haß, Bundesgeschäftsführerin dju in ver.di
Markus N. Beeko, Generalsekretär Amnesty International in Deutschland
Dr. Lutz Kinkel, ECPMF-Geschäftsführer

Quelle: www.amnesty.de

Diesen Beitrag teilen, das Unterstützt uns, DANKE !

FacebookVZJappyDeliciousMister WongXingTwitterLinkedInPinterestDiggGoogle Plus

weitere Beiträge

Kunst und Kultur in Köln

17.05.2024 Frau Wu und Andere Im Fort


IMG 20240311 WA0000Am 17. Mai wird in einem Kölner Fort, dem Fort Paul der Südstadt, gelegen im Volksgarten, eine Gruppenausstellung zu sehen sein, deren besonderes Juwel eine chinesische Künstlerin ist, die vorwiegend mit Wasser arbeitet. Gemeint ist Jiaying Wu, au...


weiterlesen...

Die c/o pop 2024 war mit popkultureller


c chiara BaluchAusverkauftes unplugged Konzert von MAJAN zum Auftakt des c/o pop Festivals +++ Über 1.400 Teilnehmende bei der c/o pop Convention +++ Zahlreiche Überraschungen über die fünf Tage hinweg, u.a. kostenlose Konzerte von Crazy Frog & Leoniden und 24x7...


weiterlesen...

Transparenz über die


BVA LogoDas Bundesverwaltungsamt hat die erste Version der Registerlandkarte in Kooperation mit dem Statistischen Bundesamt entwickelt und unter www.registerlandkarte.de öffentlich zugänglich gemacht. Sie stellt eine wichtige Grundlage für Vorhaben im Ber...


weiterlesen...

03.05.- 30.06.24 Gruppenausstellung


Gruppenausstellung1Köln-Ehrenfeld. Unter dem Titel „Die Rückkehr der Lebendigkeit“ präsentieren die Künstler Claudia Cewille, Maryom und Christian Verspay mit NoëLLe, und Petra Mazet sowie Regina Nußbaum vom 3. Mai bis 30. Juni 2024 ihre Installation im Bürgerzentru...


weiterlesen...

Geißbock Hennes IX. zu Gast bei


270426 Eröffnung Wiessgarten Maybach Geißbock Hennes IX    Foto P. Brohl honorarfreiKöln, 29. April 2024 – Im Herzen von Köln eröffnete das Maybach den ersten Wiessgarten. Das Areal im Innenhof des Kultlokals gehört zu den größten Biergärten in Köln und ist eine grüne Oase mitten in der Stadt. 

Im Mittelpunkt steht das Wiess, das...


weiterlesen...

Wahl-O-Mat zur Europawahl geht online


wahl o matInteraktives Informationsangebot der Bundeszentrale für politische Bildung seit 7. Mai 2024 online // Im Netz unter www.wahl-o-mat.de sowie als

"Schon den Wahl-O-Mat gespielt", unter diesem Motto geht heute das beliebte Online-Angebot der Bundesze...


weiterlesen...
@2022 lebeART / MC-proMedia
toTop

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.