Geschrieben am . Veröffentlicht in Soziales und Leben in Köln.

LOBBY FÜR MÄDCHEN - Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt

1234328 452161871565648 1567933680 nDie Übergriffe und sexualisierte Gewalt gegen Mädchen und Frauen in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln haben eine bis dato nicht gekannte internationale Berichterstattung zum Thema ausgelöst.

Vergleichbar sind allenfalls Berichte über Vergewaltigung als Kriegswaffe in Krisengebieten.
Durch die Ereignisse zum letzten Jahreswechsel in Köln waren sexuelle Übergriffe gegen Mädchen und Frauen plötzlich und anhaltend nicht nur ein „Aufmacher“ in der Berichterstattung, sondern auch ein Diskussionsthema in zahlreichen Fernsehsendungen, in alltäglichen Gesprächen, im gesellschaftlichen Diskurs.

Allerdings wurde vielfach primär die Verbindung mit dem Thema „Migranten und Flüchtlinge als Täter“ diskutiert und die Frage „Was können Mädchen und Frauen zur Selbstverteidigung lernen?“.
Wie sehr Mädchen und Frauen an allen Tagen des Jahres in ihrem Leben mit sexualisierter Anmache, Herabwürdigung, Übergriffen und Gewalt konfrontiert sein können, scheint in der Regel nicht so beachtens- und erwähnenswert zu sein. Der ganz alltägliche Sexismus findet keine große Aufmerksamkeit.

Respektloser Umgang mit Mädchen und Frauen, also z.B. dumme Sprüche, beleidigende Bemerkungen, aufgedrängter Körperkontakt, Kommentare über das Aussehen usw. wird als „Kavaliersdelikt“ betrachtet. Diejenigen, die sich darüber beklagen, werden eher als „übersensibel“ oder „hysterisch“ eingestuft, als dass sie ernst genommen werden und Unterstützung bekommen.
Die Pornografisierung in der Werbung und in Teilen der Medien wirkt sich auf das aus, was Mädchen und Jungen, Männer und Frauen, für normal und selbstverständlich halten. Die kritische Auseinandersetzung mit Texten und Bildern, die Frauen als Sexualobjekte darstellen, hat nie den notwendigen Umfang erreicht. Vordergründig „coole“ Sprüche kaschieren Herabsetzung von Mädchen und Frauen. Freiheit der Werbung, Freiheit der Wirtschaft hat Vorrang vor Achtung, Respekt und kritischem Bewusstsein.

Werden sexuelle Belästigung und Gewalt aber zum Thema, dann wird nicht gefragt, wieso Jungen oder Männer so etwas machen und was die Gesellschaft dagegen tun kann. Vielmehr bekommen Mädchen und Frauen Tipps zur Selbstbehauptung und wie sie brenzligen Situationen aus dem Weg gehen können.

Für eine nachhaltige und effektive Verbesserung der Lebensrealität von Mädchen und Frauen brauchen wir aber beides: Unterstützung und Stärkung gegen jede Art von unerwünschter Anmache, Übergriffen und anderer Gewalt – und eine breite gesellschaftliche Diskussion verbunden mit aktivem Engagement gegen den ganz alltäglichen Sexismus. Hier sind alle Bürgerinnen und Bürger und alle Verantwortlichen der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereiche in Köln gefragt!
Deshalb hat sich aus dem Arbeitskreis Gegen Gewalt an Frauen und Kindern die Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt gebildet – um verstärkt auf diesen Themenkreis aufmerksam zu machen und den notwendigen Diskussions- und Veränderungsprozess voranzutreiben. Alle in der Initiative Mitwirkenden haben langjährige Erfahrung in der Arbeit gegen (sexualisierte) Gewalt an Mädchen und Frauen.

Folgende Bausteine stehen am Beginn einer längerfristigen Kampagne der Initiative:

1. Am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen (25.11.) wirken wir bei der Menschenkette um 17 Uhr auf der Hohenzollernbrücke mit. Anschließend (18 Uhr) beginnt auf dem Bahnhofsvorplatz der Protestmarsch „Wir fordern die Nacht zurück!“ von LILA IN KÖLN – Bündnis autonomer Frauenprojekte gegen Gewalt an Frauen und Mädchen.

2. Für Großveranstaltungen in Köln wird künftig das „Beratungsmobil – Anlaufstelle für Mädchen und Frauen“ zur Verfügung stehen, das u.a. an Silvester und an Karneval eingesetzt werden wird. Dieses Beratungsmobil steht in Rathausnähe, kann über die
Festnetznummer 0221 / 221 - 27777 erreicht werden und ist von 21 Uhr bis 3 Uhr mit Fachfrauen besetzt, die Krisenintervention und Unterstützung für Mädchen und Frauen anbieten.

3. Die Frauenberatungsstelle FrauenLeben e.V. bietet am Neujahrstag Beratung für gewaltbetroffene Frauen an. Sie können von 12 Uhr bis 18 Uhr direkt in die Beratungsstelle auf der Venloer Str. 405-407 kommen oder anrufen: 0221 / 95 41 660.

4. Im Februar 2017 wird die Plakatkampagne „Sicherheit für Mädchen und Frauen! Immer und überall!“ unsere Basis-Forderung gut sichtbar deutlich machen. Für diese Aktion hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Schirmherrschaft übernommen!

5. Darüber hinaus wird die Initiative im neuen Jahr KooperationspartnerInnen suchen, die ihr Geschäft, ihre Gaststätte, ihren Betrieb mit einem von uns entwickelten Logo als geschützten Ort für Mädchen und Frauen kenntlich machen. Mädchen und Frauen, die sich belästigt, bedrängt oder bedroht fühlen, können dort in Ruhe telefonieren und sich Hilfe organisieren, bekommen Informationsmaterial und sind erstmal nicht mehr allein. Voraussetzung, um das Logo Geschützter Ort zu erhalten, ist ein persönliches Gespräch mit Mitarbeiterinnen der Initiative.

6. Eine weitere Zusammenarbeit soll mit Ausbildungsbetrieben stattfinden, im Sinne von Informations- und Präventionsangeboten für AusbilderInnen, aber auch für Auszubildende.

7. Auf der Website der Initiative, deren Veröffentlichung für die nächsten Wochen geplant ist, wird regelmäßig über weitere Aktionen und Kooperationen berichtet werden.

Kölner Initiative gegen sexualisierte Gewalt
- Agisra e.V.
- Diakonie Michaelshoven
- Evangelischer Kirchenkreis Köln-Mitte
- Frauenberatungszentrum e.V.
- FrauenLeben e.V.
- HennaMond e.V.
- Kirchenkreis Köln-Mitte, Frauenbeauftragte
- Kompetenzzentrum Selbstbestimmtes Leben e.V.
- Land- und Amtsgericht Köln, Zeugenbetreuungsstelle
- Land- und Amtsgericht Köln, Gerichtshilfe
- LOBBY FÜR MÄDCHEN e.V.
- Medica Mondiale e.V.
- Notruf für vergewaltigte Frauen-Frauen gegen Gewalt e.V.
- Polizei Köln, Opferschutzbeauftragte
- Sozialdienst Katholischer Frauen e.V. Köln
- Stadt Köln, Amt für Gleichstellung von Frauen und Männern
- Stadt Köln, Gleichstellungsbeauftragte der Kliniken

Quelle: www.lobby-fuer-maedchen.de