Strategische Kooperation gegen den Fachkräftemangel - Stadt Köln und Technische Hochschule Köln vereinbaren weitere Zusammenarbeit

bauingenieureontour2Studierende der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik an der Technischen Hochschule Köln (TH Köln) haben die vergangene Woche zeitweise auf einer Baustelle der städtischen Gebäudewirtschaft an der Kantstraße in Köln-Kalk verbracht. Im Rahmen einer Projektwoche zum Thema Bauablaufplanung führte der Bauleiter des dort tätigen Ingenieurbüros H & P GmbH und Co KG die Gruppe über die Baustelle. In den folgenden Tagen erfuhren die angehenden Ingenieurinnen und Ingenieure, begleitet von der Projektleitung der Gebäudewirtschaft, am Beispiel des realen Bauvorhabens, wie ein Projekt- und Bauzeitenplan entsteht. An der Kantstraße errichtet die Gebäudewirtschaft derzeit einen Erweiterungsneubau sowie eine Dreifachturnhalle für die Kaiserin-Theophanu-Schule. Insgesamt werden dort rund 34 Millionen Euro investiert. Voraussichtlich 2021 wird alles fertiggestellt sein.

Kooperationsvertrag unterzeichnet
Derartige Praxiswochen sind ein Beispiel für die bereits seit 2015 stattfindende Zusammenarbeit zwischen der städtischen Dienststelle und der TH Köln. Diese wurde am gestrigen Donnerstag, 30. November 2017, mit einem neuen Kooperationsvertrag weiter ausgebaut. Die Vereinbarung unterzeichneten Petra Rinnenburger, geschäftsführende Betriebsleiterin der Gebäudewirtschaft der Stadt Köln, und Prof. Dr. Klaus Becker, geschäftsführender Vizepräsident der TH Köln. Mit dem Schulterschluss zwischen städtischer Dienststelle und Hochschule wird eine Zusammenarbeit in der Lehre, ein regelmäßiger gemeinsamer Austausch mit gegenseitigen Netzwerkaktivitäten sowie die Erhöhung des Bekanntheitsgrades der Gebäudewirtschaft als Arbeitgeber beschlossen. Die Kooperation kann helfen, dringend benötigtes Personal, etwa für den Bau und den Unterhalt von Schulen für die Stadt Köln, zu gewinnen.

Inhaltlich arbeiten die Vertragspartner nun auch auf dem Gebiet der Digitalisierung der öffentlichen Bauwirtschaft zusammen. Hier kann Köln eine Vorreiterrolle einnehmen. Es geht insbesondere um die Entwicklung und Anwendung der so genannten "Building Information Modeling"-Methode (kurz BIM), die einen wesentlichen Baustein in der Kooperation darstellt. BIM dient mit dem Einsatz von Software der optimierten Planung sowie der Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und sonstigen Bauwerken. Mit diesem Instrument werden alle wichtigen Daten des Bauwerks digital erfasst. Die Informationen dienen als Datengrundlage - von der Planung über die Realisierung bis hin zum Betrieb und der Erhaltung von Bauwerken. 

Digitales Planen für effizientere Prozesse – Modellprojekt Kreuzgasse
An der TH Köln befasst sich Prof. Dr. Jürgen Danielzik in seinem Lehrgebiet "Baubetrieb, Bauwirtschaft und Baumanagement" an der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik seit mehr als 15 Jahren mit dem Thema BIM. Die Gebäudewirtschaft setzt bei der Planung, Ausführung und Bewirtschaftung ihres Immobilienbestandes künftig auf dieses Verfahren und treibt damit auf lokaler Ebene eine Entwicklung voran, die die Bundesregierung als strategisches Ziel definiert hat.

Als erstes wird die neue Planungsmethode beim Gymnasium Kreuzgasse erprobungsweise angewendet. Für die Generalinstandsetzung des Bestandsgebäudes und die Neubauten des naturwissenschaftlichen Traktes sowie einer Zweifachturnhalle läuft derzeit die Ausschreibung für die Vergabe der Planung an einen Architekten. Die BIM-Methode soll zu effizienteren Prozessen und einer belastbareren Kostenplanung führen.

Mit unserer Kooperation bauen wir die Stärken des Standortes Köln im Bereich der Digitalen Bauwirtschaft langfristig aus, sagte Prof. Dr. Klaus Becker.

Uns geht es darum, mit unserem Partner gemeinsam Ideen zu entwickeln, das an der Hochschule vorhandene Fachwissen in Lösungen in der Praxis zu übersetzen und das gemeinsame Wissen insbesondere für die Kölner Stadtgesellschaft wirksam zu machen, so Becker weiter. Petra Rinnenburger spricht von einer "klassischen Win-Win-Situation":

Die Studierenden analysieren, erforschen und entwickeln in ihren Arbeiten innovative Ansätze, deren Ergebnisse direkt dem Bau und dem Unterhalt unserer Schulen, Kindergärten und Verwaltungsgebäude dienen. Sie entwickeln Projekte und Ideen nicht für die Schublade, sondern für den Echtbetrieb und damit für die tatsächliche Anwendung.

Profis begleiten Studierende und geben Einblick in die Praxis
Nach der bereits bestehenden Kooperation mit der Fakultät für Anlagen-, Energie- und Maschinensysteme gibt es durch die neue Kooperation nun auch eine Partnerschaft mit der Fakultät für Bauingenieurwesen und Umwelttechnik - im Sinne des Technologie- und Wissenstransfers in beiderseitigem Interesse. Die Studierenden bekommen früh und begleitet von erfahrenen Profis einen anschaulichen Praxisbezug. Gleichzeitig lernen sie die Attraktivität eines Arbeitgebers wie der Stadt Köln kennen. Die städtische Gebäudewirtschaft ist in ihrer Funktion als "größtes Ingenieurbüro der Stadt" relativ unbekannt.

Als eigenbetriebsähnliche Einrichtung der Stadt mit eigenem Wirtschaftsplan ist sie der zentrale Immobiliendienstleister der Stadt Köln und verantwortet 2,4 Millionen Quadratmeter Bruttogeschossfläche, die sich in ihrem Sondereigentum befinden oder von ihr angemietet sind. Sie bewirtschaftet nicht nur 277 Schulen, 81 Verwaltungsgebäude, 236 Kindergärten sowie 70 Aufbauten auf Grünflächen. Sie plant und führt Gebäudetechnik- sowie Hochbaumaßnahmen aller Art einschließlich der Architekten- und Ingenieurleistungen aus. Damit ist die Gebäudewirtschaft wie viele Bauherren im öffentlichen Dienst ein Servicedienstleister rund um die Immobilie.

Das ist eine Tatsache, die den wenigsten Studierenden in technischen Bauberufen bekannt ist, so Petra Rinnenburger. Die Diplom-Ingenieurin und Architektin hat selbst in Saarbrücken studiert und viele Jahre eigenverantwortlich für große, öffentliche Auftraggeber gebaut, bevor sie 2012 zur Gebäudewirtschaft kam.

Gemeinsame "digitale Sprache" für Heizungs- und Lüftungsanlagen
Bereits seit 2015 absolvieren Studierende der TH Köln unter der Leitung von Prof. Dr. Jochen Müller von der Fakultät für Anlagen, Energie- und Maschinensysteme im Bereich Lehre ihre Praxisphasen in der Abteilung Energiemanagement der Gebäudewirtschaft. Oder sie analysieren in Bachelor- oder Masterarbeiten Optimierungspotenziale von technischen Gebäudeausrüstungen im Bereich Gebäudeautomation und Instandhaltungsmanagement, die von Mitarbeitenden der Gebäudewirtschaft betreut und an realen Gebäuden der Stadt durchgeführt werden. In Forschungsprojekten untersuchen Studierende für die städtische Gebäudewirtschaft bestimmte Innovationen am Markt.

So wurde im vergangenen Jahr unter anderem eine Prüfstelle zur automatischen Überprüfung von Automationskomponenten für den Einsatz in städtischen Gebäuden entwickelt. Hier werden Standardanforderungen, die die Gebäudewirtschaft etwa im Bereich Energieleitlinien formuliert hat, automatisiert an neuen Systemen überprüft, wie etwa an Steuerungs- und Regelungssystemen, die das Zusammenspiel von Lüftungs- und Heizungstechnik in Gebäuden automatisieren.

Um reibungslos miteinander zu funktionieren, müssen die Systeme, die oft von verschiedenen Herstellern stammen, eine gemeinsame digitale "Sprache" sprechen.

Dazu werden die unterschiedlichen Sprachen an der gemeinsamen Schnittstelle automatisch übersetzt, so Petra Rinnenburger.

Nahezu alle technischen Einbauten kommunizieren inzwischen ja elektronisch miteinander. Da wird nichts mehr von Hand geschaltet. Programmfehler, die eine Fehlfunktion der Lüftungs- und Heizungsanlagen verursachen, fallen häufig erst im Betrieb des Gebäudes auf. Das führt dazu, dass es mitunter das ganze erste Jahr der Nutzung dauert, bis das Gebäude komplett eingesteuert ist. Durch automatisierte Prüfverfahren, die gemeinschaftlich mit der TH entwickelt werden, können diese Fehler schneller entdeckt und behoben werden.

Ingenieurmangel am Bau verschärft sich
Aktuell sind 518 Menschen bei der Gebäudewirtschaft beschäftigt. Unter Berücksichtigung von bereits ausgewählten Bewerberinnen und Bewerbern sowie abgeschlossenen Arbeitsverträgen hat die Gebäudewirtschaft aktuell 86 vakante Stellen, hiervon 59 im Ingenieurbereich. Gesucht werden Bewerberinnen und Bewerber aus den Fachrichtungen Architektur/Bauingenieurwesen, Technische Gebäudeausrüstung und Elektrotechnik für die Abteilung Objektmanagement sowie Architektur beziehungsweise Bauingenieurwesen für den Bereich der Projektleitung und Projektsteuerung in der Abteilung Planen und Bauen. Der Ingenieurmangel am Bau ist kein Problem nur der Stadt Köln. Alle Kommunen und die private Wirtschaft, ebenso wie der Verein Deutscher Ingenieure, beklagen eine Verschärfung des Fachkräftemangels in diesem Bereich.

Dies stellt angesichts der weiter "wachsenden Metropole" Köln mit drohendem Schulbaunotstand und anderen immer größeren baulichen Anforderungen auch im kulturellen Bereich eine besondere Herausforderung, aber eben auch eine Chance dar - nicht nur für Ingenieure und Architekten. Der öffentliche Dienst kann vielfach nicht so viel zahlen wie die freie Wirtschaft. Dafür haben auch junge Bewerberinnen und Bewerber - begleitet im Rahmen eines Mentoring-Programms der Gebäudewirtschaft - die Chance, sehr schnell und sehr umfang- und abwechslungsreiche Großprojekte von A bis Z verantwortlich zu betreuen. Familienfreundliche Rahmenbedingungen und flexible Arbeitszeiten sind zwei weitere Pluspunkte, die die Studierenden in der Kooperation ebenfalls kennenlernen. Über die Grenzen Kölns hinaus bietet die Gebäudewirtschaft der Stadt Köln ab dem 1. August 2018 außerdem Studienplätze für einen praxisintegrierten Studiengang Bachelor of Engineering (Bauingenieurwesen) an.

TH Köln bietet Lern-, Arbeits- und Forschungsumfeld
Die TH Köln bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein Lern-, Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-, Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind mehr als 24.000 Studierende in über 90 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch stellt sie sich den Herausforderungen der Gesellschaft. Ihr interdisziplinäres Denken und Handeln sowie regionale, nationale und internationalen Aktivitäten machen sie in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und Wegbereiterin. Die TH Köln wurde 1971 als Fachhochschule Köln gegründet und zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften.

Weitere Informationen

Stellenangebote der Stadt Köln
Bachelor of Engineering (Bauingenieurwesen)

Foto © Stadt Köln
Bauleiter Johannes Geiger vom Ingenieurbüro H & P GmbH und Co KG mit Studierenden auf der Baustelle Kantstraße in Köln-Kalk
Quelle: Stadt Köln - Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit - Jürgen Müllenberg / http://www.stadt-koeln.de

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