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Zum Saisonauftakt lädt 30works zu einer großen Retrospektive und präsent iert ausgesuchte Werke von Thomas Baumgärtel aus nunmehr vier Jahrzehnten s eines künstlerischen Schaffens.
Bananensprayer, Aktionskünstler, klas sischer Ateliermaler: Thomas Baumgärtel gehört zu den wohl vielseitigsten K ünstlern Deutschlands. Und dank Aufsehen erregender Performances und Werken mit eindeutiger Botschaft auch zu den in deutschen Feuilletons meist disku tierten. Denn von Anbeginn seiner Karriere hat Thomas Baumgärtel Stellung b ezogen, Haltung gezeigt und für die Freiheit der Kunst gekämpft. 30works wi dmet dem Wahlkölner mit 86-18 nun eine große Sonderausstellung. Dabei werde n die wichtigsten Stationen seiner außergewöhnlichen Künstlerlaufbahn beleu chtet und bislang selten oder noch nie gezeigte Arbeiten präsentiert.
Wirkung & Rezeption
Es war die Banane, die Baumgärtel Weltruhm un
d eine Story im amerikanischen TIMEMagazine bescheren sollte; aber seine er
ste große Werkreihe sollte noch ganz der klassischen Malerei verschrieben s
ein: 1986 debütierte Thomas Baumgärtel mit dem „Medizinischen Block“, einer
Serie von expressiven Kopfdarstellungen, die von der Anatomie inspiriert s
cheinen. Baumgärtel verarbeitete hier seine Eindrücke und Erlebnisse währen
d seines Zivildienstes Anfang der 1980er Jahre, als er auf einer chirurgisc
hen Station tätig war, um im Anschluss Medizin zu studieren. Doch es kam an
ders: Baumgärtel entschied sich für die Kunst und nahm 1985 sein Studium de
r Freien Kunst an der Fachhochschule Köln auf. Die Faszination des Klinisch
en und Pathologischen ließ ihn jedoch nicht los, und so schrieb er sich par
allel für Psychologie an der Universität Köln ein. Kunstpraxis und das Vers
tehen kognitiver Wirkungsprozesse: Die Dualität von Kunst auf der einen und
Psychologie auf der anderen Seite sollte zur Triebfeder von Baumgärtels Sc
haffen werden. Denn von Anbeginn ging es ihm um die Wirkung von Kunst und d
ie zentrale Frage: Was löst ein Werk im Betrachter aus?
Mit der „Kopf “-Serie erweist sich Baumgärtel bereits als Wegbereiter für neue Materialan sätze: Er verwendet eine Mischtechnik aus Acryl, Sand, Beton und PVC, das e r nach einer ausgiebigen Phase des Experimentierens verflüssigte, um es nac hhaltig auf Leinwand bannen zu können. Das Ergebnis zeigt sich in einer Wer kreihe von hoher Plastiziät mit reliefartigen Strukturen, die fast skulptur ale Elemente aufweist – und bis heute überrascht.
Bananenkultivierung Im gleichen Jahr, 1986, startete Baumgärtel seinen Bananen-Feldzug, in des sen Folge er Museen und Kunsteinrichtungen auf der ganzen Welt mit seiner S praybanane verzierte. Was später als approbiertes Qualitätssiegel im Kunstz irkus firmieren sollte, war hier noch als psychologisches Experiment angele gt: Wie würden die Kulturschaffenden auf dieses „illegale“ Brandmal reagier en? Thomas Baumgärtel beginnt somit die Banane als Symbol für die Freiheit der Kunst zu positionieren. Ist sie hier noch als Zeichen von Wertschätzung gesetzt, wird Baumgärtel die Banane im Zuge der Zeit verstärkt politisiere n und antipodisch besetzen.
So zum Beispiel bei der „Metamorphose der Kölnbanane“, einem Schlüsselwerk von 1987, oder dem „Bananenberg“ von 1989 , das der Künstler als explizites Mahnmal für die freie Kunst setzt. Den Hö hepunkt markieren die „Bananenweisheiten“ ab 1989, die – als Urban Art auch im öffentlichen Raum positioniert– für klare Inhalte stehen und den mit kü nstlerischen Mitteln ausgefochtenen Kampf gegen sozio-kulturelle und politi sche Missstände dokumentieren sollen. Dabei bleibt der Künstler jedoch imme r humorvoll und konstruktiv in seiner Kritik. Ein Markenzeichen, das sich f ortan durch sein gesamtes Werk ziehen soll.
Ab 1994 startet Thomas Ba umgärtel mit seinen „Übersprühungen Alter Meister“. Und ironisiert damit ga nz im Geiste Marcel Duchamps die Kunstgeschichte, indem er tradierte, stere otype Motive rund um die deutsche Heimatmalerei durch zeitgenössische Stenc ils clasht und zu neuem Leben erweckt.
Gleichzeitig wird die Banane p
olitisch entschärft und spielerischer: 1995 feiert der „Bananenpointillismu
s“ Premiere, wo Baumgärtel unzählige gesprühte Bananen als kleinste Element
e des Bildsujets zu einem übergeordneten Motiv aufbaut. Anfangs noch in sch
warz-gelber Farbdramaturgie gehalten, wird diese Stilrichtung mit den Jahre
n bunter und variantenreicher. Als visionäre Weiterführung fungieren beispi
elsweise die „Früchtebilder“ ab 2000, in denen der gebürtige Rheinberger se
ine winzigen Spraybananen zu Früchte-Stillleben in der Tradition eines Piet
er Claesz reifen lässt. Und so aus Bananen nicht nur Birnen und Pflaumen ma
cht, sondern seinen eigenen Stil des Bananenpointillismus als Mittel der Tr
ansformation nutzt, um ein einst von ihm
verhasstes Genres völlig neu
zu interpretieren. Denn während seines Kunststudiums unter Prof. Franz Dank
weigerte sich Baumgärtel Stillleben, die er als unzeitgemäß ansah, zu zeic
hnen. Nun, rund zehn jahre später, war diese Werkreihe gleichwohl persönlic
he Genugtuung als auch Wiedergutmachung an seinem damaligen Lehrer. Wenngle
ich – typisch Baumgärtel – mit seinen ganz eigenen Mitteln und Praktiken...
Nahbarkeit & Zivilcourage
Die Ausstellung
86-18 fokussiert neben Baumgärtels mal subversiver, mal fast poetisch anmut
ender Sprühkunst auch die Malerei. Hier besonders seine „Graue Serie“, die
2005 begann und 2016 ihren Höhepunkt bei den „Brückenbildern“ fand. Baumgär
tel entscheidet sich hier ganz bewusst für die farbliche Reduktion und arbe
itet im Stil des Fotorealismus, den er mittels Acryltechnik zu eindringlich
en Werken voller Nahbarkeit und Erhabenheit verdichtet. Die gezielten Unsch
ärfen verleihen den Bildern zudem etwas Mystisches, Unfertiges, Transitoris
ches.
Eine weitere wichtige Station in Baumgärtels OEuvre markieren a
b 2012 die „Spraygramme“, wo er Objekte und Trouvaillen aufsprüht, und so d
ie Idee der Stenciltechnik gleichsam umkehrt. Statt mittels der Schablone e
in Motiv zu schaffen, nutzt er nun das Objekt direkt als Positivschablone u
nd kreiert damit Fotogramme, die
die „Champs Délicieux“ Man Rays zitie
ren.
Über Jahrzehnte hat Baumgärtel nicht nur eigene Stile und Techni ken formiert, sondern diese wiederum in völlig eigenständige Mischtechniken überführt und dort weiterentwickelt. 86-18 gewährt außergewöhnliche Einbli cke in den diversifizierten Schaffenskosmos eines Künstlers, der eine klare Botschaft hat. Und seinen Prinzipien als Mensch und Künstler immer treu ge blieben ist. Dabei geht Baumgärtel mitunter an seine – und unsere - Grenzen . Und lehrt uns damit, dass der lebendige Diskurs, Toleranz und Zivilcourag e zu den wichtigsten Errungenschaften unserer Kulturgeschichte gehören.
Die Laudatio auf den anwesenden Künstler wird der Kabarettist Jürgen Bec ker halten. Thomas Baumgärtel lebt und arbeitet in Köln. Er ist Gründer der Ateliergemeinschaft „CAP Cologne e.V.“ und hat mit vielen renommierten Kün stlerkollegen wie Harald Klemm und M.S. Bastian zusammengearbeitet. Seine A rbeiten sind in zahlreichen privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten, darunter in der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf und dem Leopold-Hoesch-Mus eum in Düren.
„86-18” – Thomas Baumgärtel @ 30works<
br />Eröffnung: 23.03.2018, 19 Uhr
Laudatio: Jürgen Becker
Öffnungszeiten: Di
- Fr 15-19 Uhr, Sa 12-17 Uhr
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